Josef Oberhollenzers Werk gehört zu den wichtigsten Literaturen Südtirols, die kraft ihrer poetischen Fähigkeit die Ambivalenz von Heimat und Herkunft eindringlich zu vermitteln vermögen: Bei kaum einem anderen Autor nach N.C. Kaser werden die rigiden und monotonen Abläufe einer ländlichen Gesellschaft in ihrer Faszination und Wärme wie auch in ihrer Stumpfheit und Grausamkeit so überzeugend in Kunst übersetzt. Dies geschieht nämlich nicht in der Beschreibung und Benennung der Dinge, die geschehen, vielmehr dadurch, dass sie in das künstliche Mittel der Literatur überführt werden.

Mit diesem Frühjahr legt Josef Oberhollenzer einen neuen Erzählband unter dem Titel „Der Traumklauber“, erschienen im Folio-Verlag, vor:

 

 

Einer verleibt sich die Träume der anderen ein, wo immer er ihrer habhaft wird – ein Traumklauber, der fremde Träume zu den eigenen macht.

Oberhollenzer erzählt uns, wie der Traumklauber zu seinen Träumen kommt; 52 davon (so viele, wie das Jahr Wochen hat) erzählt er uns in diesem Buch: schöne, traurige, grausame Träume – oder Schwesternträume, Elternträume, Großmutterträume. Geträumt von einem Vertreter, einem Pfarrer, einem Hund, aber auch von Andreas Hofer, Tirols Nationalhelden, oder von Arnold, der Hauptfigur aus Oberhollenzers »Großmut­termorgenland« – sie alle träumen im »Traumklauber« ihren Traum. Es wird erzählt, wie K., der Kindheits­freund des Erzählers, als Kind den Kopf einer Henne aufbricht und dann, später, den Kopf seiner Frau: weil er wissen will, was die Henne oder die Frau, die da neben ihm schläft, träumt.

Indem Oberhollenzer uns die Träume der anderen durch seinen Traumklauber erzählen lässt, kunstvoll aneinander gereiht – ähnlich einer Traumgalerie -, entsteht allmählich das Bild des Traumklauber selbst, das Bild eines Menschen, der nicht träumen kann – und der doch alles dafür täte, es zu können, um endlich glücklich zu sein.

 

 

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