29. März 2010

Eine etwas unorthodoxe, vielleicht auch verquere Dichterpaarung geht der literarische Abend mit der vielseitigen Wortkünstlerin, Performerin und streitbaren Literaturtheoretikerin Ann Cotten (* 1982) aus Berlin und mit dem seit den 50ern in Rom lebenden, im slowenischen Fiume geborenen Valentino Zeichen ein. Beiden Dichtern ist eine je unkonventionelle, eine durchwegs widerständige Art eigen, die sich bei Ann Cotten in unerwarteten Auftritten der Performance zeigt oder darin, wie sie gegen Selbstverständlichkeiten von vermeintlichem Verstehen klug anrennt. Poetisch dreist und theoretisch versiert bedient sich Ann Cotten unverfroren experimenteller und linguistischer Ansätze und scheut es nicht, durchaus waghalsig Grundlagenforschung von Erkenntnisprozessen zu unternehmen. Unterhaltsam ist dabei allemal Ann Cottens Fähigkeit der ostentativen Performance, die mit Rhythmen, Tönen und Lauten eines Musikers spielt.

Valentino Zeichen, dessen jüngstes Buch, Neomarziale (Mondadori, 2006), eine ironisch-epigrammatische Auseinandersetzung mit dem wahlverwandten Dichter Martial ist, ist der vagabundische Bohème der italienischen Dichter, der römische Flaneur, der noble Bettelpoet, der auf Lebensversicherungen und feste Anstellung ebenso pfeift  wie auf ein sicheres Dach über dem Kopf und einen sicheren Sitz im Leben. Ohne sich jeglicher Ideologie unterzuordnen, hat Valentino Zeichen seine Position stets allein aufgrund seiner literarischen  Experimentierfreude und Leistungen festigen können. Die autarke Poesie Zeichens, die, von der Rezitation herkommend, stets das Sprachspiel beherzigt, sucht den „Balanceakt zwischen metaphysischer Ironie und frivoler Weltgewandtheit, exhibitionistischem Scharfsinn und wütenden Wahrheiten“ (Niva Lorenzini). So sieht man Zeichen auch als den „einfallsreichsten und unregelmäßigsten italienischen Schriftsteller“ (Klappentext von Ogni cosa a ogni cosa ha detto addio), der auf bestem Wege ist, ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht im deutschen Sprachraum geltend zu machen.

 

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