Ulrich Peltzer

Texte:

Berlin, Potsdamer Platz, die Welt als elektronisch überwachte Shopping-Mall, Bewegungsfreiheit ist reine Illusion.
Christian Eich, Mitte Dreißig, hält sich mit Gelegenheitsaufträgen über Wasser. Für eine Story, die ihm auf den Nägeln brennt, sicht er Kontakt zu untergetauchten Ehemaligen der Roten Brigaden. In Paris soll ein wichtiger Informant anzutreffen und bereit zum Reden sein.
Zuvor aber passiert ihm: Nele. Die Studentin bewegt sich, von einer geheimnisvollen Wut getrieben, durch die Stadt. Eine Liebe entbrennt, heftig und unberechenbar, die vom Berliner Sommer nach Belleville und direkt ins Zentrum des subversiven Widerstands führt.
Das Tempo steigt, der Druck nimmt zu, und Christian muß sich entscheiden: Entweder du bist Teil des Problems, oder du bist Teil der Lösung.
Subtil verbindet Ulrich Peltzer eine atemberaubende Liebengeschichte mit der Beobachtung neuer politischer Bewegungen in einer Grammatik der Überwachung, der Realität unserer Zeit.

S O N Y  C E N T E R
Die Silhouette des Mannes zeichnet sich deutlich vor den Bildschirmen ab. Wie es im Halbdunkel scheint, hat er seinen Kopf leicht in den Nacken gelegt. Rechts von ihm steigt eine dünne Rauchfahne aus dem Aschenbecher auf der Konsole hoch, ein schmuckloses längliches Pult mit zwei Tastenfedern. Mentholzigaretten, eine zerlesene Zeitung. Unter dem Pult stehen die Speichergeräte, Empfänger und verkabelte Rechner, deren grüne Dioden wie brennende Augen aus dem Schatten hervortreten. Es ist still, ein Raum ohne Fenster, in dem man jetzt nur sich selbst und entfernt noch das Rauschen einer Klimaanlage hört. Die Monitore sind stumm, kein Ton, nicht einmal Knistern gruppiert die Szenen zu einem Ganzen: all die Leute im Freien, ihre hierher übertragenen Wege an Schaufenstern und dichtgefüllten Cafèterrassen vorbei zu diesem großen Brunnen mitten auf der überdachten Piazza. Man sieht sie am Rand des Edelstahlbeckens sitzen, müde Blicke in Reiseführer und Hochglanzprospekte aus der Volkswagen Youth.lounge werfen, durch die Sender ihrer Kameras schauen, telefonieren. …..

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